Es gibt Anlass zum Jubeln: Die Veranstaltungsreihe „Feierabend:digital“ der Fabrik19 feiert zweijähriges Jubiläum. Bei diesem Format handelt es sich um eine Sprechstunde für kleine und mittelständige Unternehmen (KMUs). Dieses Mal zu Gast war Kai Bülow, Geschäftsführer bei depant Bauträger. Er referierte darüber, wie man das Potenzial des digitalen Wandels im Hinblick auf das eigene Team bestmöglich nutzen kann. „In Chancen denken“ – ganz nach diesem Leitspruch berichtete Bülow im Gespräch mit Mark Pralle, Geschäftsführer der Fabrik19, von seinen langjährigen Erfahrungen im Change-Management.
Change-Management im Kontext des digitalen Wandels
Die Digitalisierung verändert Berufsbilder und bringt die Notwendigkeit mit sich, traditionelle Arbeitsformen zu transformieren. Dies wirkt sich wiederum auf die Mitarbeitenden und die Zusammenarbeit im Team aus. Einen Eindruck davon, wie diese digitale Transformation in der Bauindustrie aussehen kann, gab Bülow beim vergangenen Feierabend:digital. Er sieht die allgegenwärtige Digitalisierung als Chance, das Potenzial eines Unternehmens bzw. eines Teams voll auszuschöpfen.
Die originären Kompetenzen einer Bauträgergesellschaft liegen in der Regel weniger im Bereich des Digitalen. Trotzdem sei es von großer Bedeutung, sich mit den strukturellen Veränderungen und den Möglichkeiten, die die digitale Transformation eröffnet, in jedem Unternehmen und jeder Branche auseinanderzusetzen. Auch der Vorstand der Fabrik19 sieht darin einen essenziellen Bestandteil: „Das muss in der DNA drinstecken“, so Pralle. Bülow, der viel Erfahrung im Change-Management mitbringt, betonte außerdem die Wichtigkeit, Veränderungsbereitschaft zu zeigen und diese Veränderung gleichzeitig gewissenhaft zu moderieren.
„Neues Projekt, neue Ambitionen“
Auch über die Notwendigkeit, agil zu bleiben, sprach Bülow. „Wir haben auch immer den Anspruch, nicht die Kopie unserer Selbst zu sein“. Für die Optimierung von Arbeitsprozessen sei der transformative Wandel der Digitalisierung ein hilfreiches Tool. In Bülows Fall habe sich gezeigt, dass in seinem Unternehmen Angestellte sehr heterogener Tätigkeitsfelder auf die gleiche Datenbank zugreifen müssen und dass die falsche CMS-Software da erfahrungsgemäß zu großer Frustration im Team führen könne. Wie geht man die Sache als Geschäftsführer also richtig an, vor allem in einer fachfremden Branche?
Bülow sieht im Aufbau von digitaler Kompetenz den wichtigsten Grundbaustein, denn die vorhandene Expertise definiere, wo gestartet werden sollte. Dazu sei es ratsam, gegebenenfalls externe Beratung in Form eines Experten hinzuzuziehen. Im weiteren Prozess sollte dann unbedingt eine detaillierte Bedarfsanalyse durchgeführt werden. Diese zeigt auf, an welchen Stellen digitale Komponenten zu einem Benefit im Unternehmen führen könnten. Erst dann erfolge die Prüfung des Marktangebots, auf die dann erst Auswahl und Einführung folgen. Bülow deutete an dieser Stelle darauf hin, dass der richtige Ansatz hier entscheidend für den Erfolg der digitalen Transformation im Unternehmen sein kann.

Top-Down vs. Bottom-Up
In seinem Vortrag präsentierte Bülow zwei Ansätze, die für die Implementierung gewählt werden können: Top-Down und Bottom-Up. Während bei ersterem die Führungsebene die Entscheidungen trifft und das Team sich anpassen muss, werden bei letzterem die Mitarbeitenden in den Veränderungsprozess integriert und es erfolgt eine gemeinsame Gestaltung. Natürlich müsse der Ansatz für jede Situation individuell gewählt werden, er selbst habe diesbezüglich jedoch klare Vorstellungen. “Meine Tendenz geht klar dahin: je tiefer ich in das tägliche Arbeiten meiner Mitarbeiter eingreife, desto mehr lohnt es sich, die mitzunehmen“, verdeutlichte Bülow. Denn die Einbindung von Mitarbeitenden in diesen Prozess vergrößere gleichzeitig das Verständnis des Teams gegenüber neuartigen digitalen Prozessen.
Andererseits gebe es natürlich auch Kontexte, in denen in einer schnellen Entscheidung durch Führungskräfte der klare Vorteil liege. Außerdem gebe es immer die Möglichkeit, eine Zwischenstufe dieser Ansätze zu wählen. Wichtig sei dabei aber immer, sich nicht nur auf die Digitalisierung und digitale Prozesse zu konzentrieren, sondern das Gesamtbild im Auge zu behalten. Die Akzeptanz und Frustrationstoleranz gegenüber neu implementierten Prozessen könne zudem gesteigert werden, wenn Führungskräfte in ihrer Vorbildfunktion zeigen, dass es funktioniert. Bülow zeigte sich überzeugt: „Menschen folgen Menschen, die vorangehen.“
Neues Mindset und künstliche Intelligenz
Das Thema Digitalisierung weckt gleichzeitig aber auch immer Sorge, bemerkte Bülow. Das reiche vom Hinterfragen der eigenen digitalen Kompetenz bis hin zur Angst, dass Arbeitsstellen automatisiert und Angestellte überflüssig werden könnten. Es gebe in jedem Team Mitarbeitende, die sehr veränderungsaffin sind und solche, die es weniger sind und lieber auf Tradition bauen. Um aber alle im Team abholen zu können, sei die beste Herangehensweise, den Mitarbeitenden aufmerksam zuzuhören und ihre Bedenken zu verstehen. So könne man in einem nächsten Schritt daran arbeiten, ihnen diese Bedenken im Hinblick auf den digitalen Wandel zu nehmen und individuelle Lösungen zu finden.
Denn während künstliche Intelligenz zwar in binären Strukturen zuverlässig und effizient arbeiten könne, seien die Schlüsselkompetenzen der Mitarbeitenden, wie Empathie, Sozialkompetenz, Kreativität oder Emotionalität, digitalen Komponenten immer überlegen, so Bülow. KI könne somit hervorragend für die Optimierung von Routineaufgaben eingesetzt werden, ermögliche es aber gleichzeitig, die Schlüsselkompetenzen des Teams bestmöglich auf gestalterische Aufgaben zu lenken und sie breiter in ansprechenderen Tätigkeitsbereichen einzusetzen. Was Bülow darin außerdem sieht: „Eine wahnsinnige Chance, den Spaßfaktor deines Jobs zu steigern.“
Veränderung von Rollen durch den digitalen Wandel
Ein letzter Aspekt, auf den Bülow einging, dreht sich um die Veränderung von Rollen, die mit dem digitalen Wandel einhergeht. Im Kontext der Digitalisierung müsse ein neues Mindset her, erklärte Bülow. Durch die Umkehr der Kompetenz, die aus dem hohen und intuitiven Verständnis für digitale Strukturen bei den sogenannten „Digital Natives“, der jüngeren Generation, resultiert, verändere sich auch die Teamstruktur und klassische Hierarchien würden aufgebrochen.
Bülow sieht auch hier eine enorme Gelegenheit zur Verbesserung der Teamdynamik. Dazu bedürfe es aber neben einem angepassten Mindset zusätzlich Verständnis, Geduld, gute Moderation und eine gewisse Gewöhnungszeit. Letztlich dürfe die Digitalisierung nicht als ‚Einmalprozess‘ gesehen werden und sich nicht zum Nebenprozess entwickeln. Führungskräfte sollten sich die damit einhergehenden Chancen vielmehr aktiv bewusst machen und das Thema nicht scheuen. Dadurch könne auch der CEO noch etwas vom Auszubildenden lernen und vom Aufbrechen traditioneller Hierarchien profitieren, schlussfolgerte Bülow. Nach diesem interessanten und informativen Vortrag und dem anschließenden Gespräch hatten sich Bülow und Pralle das traditionelle Feierabendbier verdient.
Falls Sie sich Vortrag und Gespräch nochmals anschauen wollen, so können Sie das hier tun:

Mit dem Laden des Videos akzeptieren Sie die Datenschutzerklärung von YouTube.
Mehr erfahren
Save the date
Wie immer fand das Event mit freundlicher Unterstützung von mittelhessen.digital und der J+P Gruppe statt. Mark Pralle nutzte auch gleich die Gelegenheit, die Teilnehmenden und alle Interessierten zum nächsten Feierabend:digital am 31.03.2022 einzuladen. Weitere Informationen zur Veranstaltung werden wir zeitnah kommunizieren.